Süddeutsche vom 10. März 2023: Münchens Probleme: Alle gelöst!

In der gigantischen Paketposthalle tun sich ungeahnte Möglichkeiten auf. Es ist Platz für das Konzerthaus, die Stammstrecke, Windräder und vielleicht ja auch noch für eine kleine Steueroase.

….Es ist schon praktisch, in unserer kleinen Stadt eine sehr große, ja, gigantische Halle zu haben, in der man ganz viel verstauen kann. Probleme, Träume, Streitereien – alles schnell unter das allüberspannende Betongewölbe, damit München schön aufgeräumt scheint.
….die denkmalgeschützte Halle hat ein Investor gekauft, der zwei Mini-Wolkenkratzer daneben bauen möchte, damit sich der Betrieb irgendwie lohnt. Problemhalle aber auch, weil sie bald leer stehen wird – und was tut man dann da bloß hinein?

Zwei Fußballfelder sei sie groß, oder auch 30 Tennisfelder. Man müsste nur mal ausrechnen, wie viele Schanigärten, Lastenfahrradparkplätze oder Oktoberfeste da hineinpassen. Das wäre volksnäher, schließlich steht ein Publikumsvoting an für eine “pulsierende, oszillierende, schwingende” Nutzung (O-Ton Stadtbaurätin) der “gigantisch, titanisch, ja wunderbaren” Halle (O-Ton SZ-Architekturkritiker).

….Wenn schon die Staatsoper dort 2030 einziehen soll, weil ihr Gebäude generalsaniert werden muss, darf das Residenztheater gleich mit. Dessen Gemäuer ist so marode, dass Intendant Andreas Beck sich nicht mehr traut, einen Nagel einzuschlagen. Einen Stock drunter dürfte er hämmern so viel er wollte und niemand würde es hören. Wenn der Investor schon nicht hoch bauen darf, könnte er doch richtig tief gehen.
….

Was noch verräumt werden muss, damit endlich Frieden ist: die grünen und die roten Radwege – neben 15 Bahngleisen, die in die Halle führen, fallen die wirklich niemandem auf. Und die Stammstrecke natürlich, die dockt am besten auch hier an. Ziemlich viele Wohnungen müssten noch auf die 30 Tennisfelder, weil die Mieten gerade wieder so gestiegen sind. Dann baut man noch ein schönes kleines Rathaus unter das Gewölbe, damit der Mann, der nicht damit aufhören möchte, Stadtoberhaupt zu sein, dort auf ewig weiterregieren kann.

“Alle für die Halle” ist als Motto für die Paketposthalle viel zu bescheiden, es muss die Halle für alles werden.
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von Ulrike Heidenreich

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